Dorotehe Reinecke
Wir, der Deutsch – LK der Jahrgangsstufe 13 des Sankt Adelheid Gymnasiums in Pützchen, hatten uns überlegt, unsere nächste Unterrichtseinheit mit Texten von einem ausländischen Gegenwartsautor zu gestalten. Dass wir dabei auf den kurdischen Dichter und Journalisten Hussein Habasch stieße, hatten wir wohl in erster Linie unserer Kurslehrerin, Frau Graff, zu verdanken, die bei den Lesungen des Gegenwartsautors in Bonn war und ihn dort kennen gelernt hatte. Nachdem wir im Unterricht schon drei seiner Gedichte: „Das Weinen der Küsse“, „Ich sah sie“ und „Halt still“ gelesen und analysiert hatten, wurden zwei weitere Gedichte von Hussein Habasch auch zum Klausurthema.
Schon während der Unterrichtseinheit kündigte uns Frau Graff an, dass wir die Gelegenheit hätten Herrn Habasch kennenzulernen. Er sei bereit uns zu besuchen, würde uns sozusagen im Rahmen einer Dichterlesung im kleinsten Kreis seine Gedichte in seiner Muttersprache Kurdisch und auf Arabisch vortragen. Unsere Neugier war geweckt: Wie würden Gedichte wohl in Sprachen klingen, die uns bislang sehr fremd waren? Auf Besuch, auf einen Gast bereitet man sich vor: Ein wenig kannten wir schon von ihm, das wollten wir ihm im Gespräch zeigen. Das Interesse an seiner Person, an seinen Texten, seiner Sprache und seiner Botschaft sollte deutlich werden. In drei Gruppen bereiteten wir Fragen zu den Bereichen Biographie, politischer Hintergrund und schriftstellerische Arbeit bzw. Literatur vor. Wir überlegten, was wir wissen wollten und was ihm wichtig sein könnte. Mit Spannung erwarteten wir also den 14. 03. ’03, an dem Hussein Habasch endlich kommen sollte. Kleine Hinweise hatten wir während vorausgegangener Stunden bekommen, würden wir nun einen bedrückten, traurigen, unter seiner Exilsituation leidenden Menschen kennenlernen? Diese Frage beschäftigte uns. Vielleicht mussten
wir vorsichtig mit unseren Fragen sein. Doch als die Tür aufging, waren wir wohl alle sehr überrascht. Ein schmaler, fast zierlich wirkender Mann betrat den Raum. Hussein Habasch lächelte zurückhaltend, fast schüchtern. Er schaute uns erst wachsam, aufmerksam, freundlich an. Schnell schaffte er eine entspannt freundliche Atmosphäre, als er begann von seiner syrisch – kurdisch – russischen Vergangenheit zu erzählen. Dann trug er sein erstes Gedicht „Der Wille des Flußes“ auf Deutsch vor. Wir waren irritiert. Wir hörten eine befremdliche deutsche Sprachmelodie, eine verfremdete teilweise hart wirkende deutsche Sprache. Diese Irritation wandelte sich sofort in Faszination, als er das gleiche Gedicht in kurdischer Sprache vortrug. Jetzt wurde uns erst bewusst, dass schon die Sprachmelodie der kurdischen Muttersprache die Emotionen enthielt, die das Gedicht vermitteln will. Auch wenn wir nichts verstanden, verstanden wir alles und waren begeistert von dem Ausdruck, den das Gesicht allein durch den Vortrag, der fast wie ein Gesang klang, zeigte. Sein Gedicht „Die Sonne nicht tot schlagen“, was Herr Habasch uns auswendig auf russisch vortrug, hat uns alle sehr beeindruckt, weil es uns zeigte in wie vielen Sprachen Hussein Habasch seine Empfindungen ausdrücken kann. Das Gedicht „Viyan! Der Schmetterling kam auch“, was von seiner Tochter handelt, zitiert Hussein Habasch mit geschlossenen Augen. Es berührte uns sehr, weil es echte Gefühle waren, die uns durch den Vortrag, den Gesichtsausdruck und die Stimme des Autors vermittelt wurden.
Diesem Gedicht folgten dann unsere Fragen, wie z.B. „Woher nehmen sie die Inspiration zum Schreiben von Gedichten, eher aus aktuellen Ereignissen oder vergangenen?“ oder „Welche Zukunft sehen sie bezüglich eines eigenen kurdischen Staates?“
Hussein Habasch beantwortete alle Fragen sehr ausführlich und fast durchgängig auch mit Gedichten. Auf eine Frage ging er mit einem Gedicht seines Freundes aus Syrien, mit dem er einen engen Kontakt pflegt, ein. Dieses Gedicht trug Herr Habasch auf Arabisch vor, was für uns wieder eine neue Sprachmelodie aufwies, uns aber dennoch auch ohne das wir was verstanden sofort in seinen Bann zog. Er hatte dieses Gedicht verinnerlicht, man spürte richtig, wie ihn dieses Gedicht bewegt, und was es ihm bedeutet. Diese Authentizität seiner Gefühle, die man in jedem Wort seiner Gedichte spürt, hat mich dann auch besonders bei seiner Antwort auf die Frage „ Was bedeutet das Leben im Exil konkret für sie?“ fasziniert und berührt. Nach kurzem Überlegen schaute er uns lächelnd an und sagte: „Freiheit“. Ich war erst konsterniert, aber dann wurde mir die Bedeutung seiner Antwort erst richtig bewusst.
Das Wort Exil hat für uns eine eher bedrohliche Bedeutung, die die ungewollte Trennung von der Heimat, Heimweh impliziert. Wir verbinden es mit Enge, Angst und Heimatlosigkeit, was verdeutlicht, was für eine eingeschränkte Betrachtung wir von dem Wort haben. Durch Hussein Habaschs Antwort betrachtet man die Exil – Situation aber von einem ganz anderen Standpunkt und erfährt ihre vielleicht eher zutreffende Bedeutung für viele Menschen, von einem, der es wissen muss.
Für mich war diese Dichterlesung eine neue Erfahrung, die mich auf jeden Fall bereichert hat. Ich hörte Gedichte in Sprachen, mit denen ich mich bislang nicht auseinandergesetzt hatte. Überraschend ist für mich, dass unterschiedliche Sprachmelodien jedem Gedicht einen ganz anderen Ausdruck verleihen können. Hussein Habaschs Gedichte sind echt. Sie gehören zu seinem Leben. Diese Echtheit und die offene Art mit der er uns begegnet ist und mit der er uns von sich und seiner Familie erzählt hat, hat mich sehr begeistert und tief berührt.
Bonn, 28.März 2003
Persönlicher Eindruck über den Besuch des Dichters
Hussein Habasch am 14.03.2003
Katharina Greiffenberg
Der Besuch des Dichters Hussein Habasch war eine eindrucksvolle Erfahrung.
Der Dichter erzählte von den Zuständen in seinem Heimatland Syrien und seinen politischen Aktivitäten, die ihn zur Emigration zwangen, ebenso wie es ihm in den Exilländern Russland und Deutschland ergangen war und weshalb er nach Deutschland kam.
Neben dem politischen und biografischen Bereich versuchte Habasch zu erklären, auf welche Weise er seine Gedichte schreibt, wie sie entstehen; es wurden ebenfalls zahlreiche Gedichte gelesen.
Besonders beeindruckend fand ich, dass er die Gedichte im Kopf ausgefertigt und nur die sozusagen letzte Version zu Papier bringt, dies ist genau das Gegenteil wie ich es machen würde, deswegen erscheint mir diese Vorgehensweise als sehr schwer.
Weiterhin fand ich gut, dass er die Gedichte in verschiedenen Sprachen – Deutsch, Kurdisch, Arabisch, Russisch – vortrug; manche zitierte er frei aus dem Gedächtnis. Da ich es sehr mag, fremde Sprachen zu hören, waren diese Lesungen in Arabisch und Russisch für mich die Höhepunkte des Besuches.
Die besondere Weise von Habasch, Gedichte vorzutragen – in einem an – und abschwellendem Singsang – wirkte in deutscher Sprache etwas befremdlich, doch in Arabisch entstand der gegenteilige Eindruck.
Jener unvergessenen Morgen
Janina May
An jenem Freitag Morgen fuhr ich wie immer in die Schule. Jedoch trug ich an diesem Morgen eine besondere Erwartung in mir, denn heute war der Tag, an dem und Hussein Habasch in unseren Deutsch LK besuchen kommen würde.
Was würde dieser Besuch wohl mit sich bringen? Wir halten über ihn und seine Werke zwar im Unterricht gesprochen, jedoch warf sich in mir die Frage auf, wie mag der Dichter wohl aussehen, der solche bewegenden Zeilen schreibt. Ist er groß oder ist er klein, hat er dunkle oder helle Haare? Da ich selbst auch schreibe, stelle ich mir vor, wie er seine Gedichte wohl selbst vorträgt, denn für mein Empfinden wirkt ein Gedicht am Besten, wenn es die Stimme erzählt, die es erschaffen und empfunden hat. Mir diesen vielen Fragen und Gefühlen ging ich in meinen Kursraum und setzte mich gespannt auf meinen Platz. Dann öffnete sich langsam sie Tür und ein kleiner Mann mit liebvoll leuchtenden Augen betrat den Raum. Es schienen so viele Fragen im Raum zu kreisen, sein es unsere und auch die von dem Dichter selbst. Was mochte er wohl denken, vor so vielen Schülerinnen zu stehen, ohne zu wissen, wie ihre Einstellung ist. Aber er fand einen guten Einstieg. Während er seine Gedichte vorlas, war eine völlig e Stille in unserem Kursraum, niemand sagte etwas und die Gedichte schienen lebendig zu werden, ich konnte mir Bilder vor Augen rufen und es schien hörbar zu sein, was diese Bilder erzählen. Zwischen den Gedichten konnten wir Fragen stellen. Diese Gespräche beeindruckten mich auf eine ganz besondere Art, denn es trafen zwei Welten in ihnen zusammen. Die eine die ihr Herz in der Heimat, bei dem Leid gelassen hat und die andere, die im neuen Land die Freiheit geschenkt bekam. Besonders eindrucksvoll empfand ich die Gedichte, die er auf anderen Sprachen vortrug, denn obwohl ich nicht verstand, was er erzählte, verstand ich doch das Leid, das wie durch eine Melodie durch die getragen in mich eindrang. Die Gedichte waren zu verstehen und vielleicht sogar noch mehr, als in meiner eigenen Sprache. All diese Eindrücke werden diesen morgen wohl unvergessen machen. Es war eine Reise in eine in eine andere Welt.
25.03.2003
Königswinter
Faszinierend und mitreißend
Julia Weber
Mit einiger Skepsis, doch auch mit Spannung erwartete ich am vergangenen Freitag Morgen den Dichter, der unseren Unterricht mit seinen leidenschaftlich geprägten Gedichten, die letzten Wochen gefüllt hatte.
Ein kleiner, schmächtiger Mann mittleren Alters betrat mit unserer Deutsch LK Lehrerin, Frau Graff unseren Raum 223.
Direkt wirkte er sympathisch, denn auch er war ein wenig nervös, was die Stimmung direkt auflockerte.
Nach dem er einige Minuten gesprochen hatte und wir festgestellt hatten, dass er über ein gutes Deutsch verfügte, begann Hussein Habasch mit dem Vortag einiger Gedichte, die er nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Kurdisch und Arabisch vortrug.
Zuerst war ich komisch berührt von seiner Art seine Gedichte vorzutragen, doch dann erkannte ich was dahinter steckte- Leidenschaft.
Sofort bemerkte ich sein kurdisches Temperament, seine andere Kultur, denn er trug seine Gedichte in einer Art von Gesang vor, was seine Gefühle auf eine zuerst erschreckende, doch dann bewundernswerte Art zum Ausdruck brachte.
Durch unsere bereits vorbereiteten Fragen lernten wir Hussein Habasch um einiges besser kennen und schätzen.
Hussein Habasch machte auf mich den Eindruck, dass er ein sehr gläubiger Mann ist, der es trotz seiner schweren Vergangenheit nicht verlernt hat seine Gefühle zu zeigen und zu behaupten.
Seinen Vortrag fand ich sehr faszinierend, mitreißend und interessant, doch leider verging die Zeit, wie so oft bei angenehmen Dingen, wie im Flug.
Sprach von der Wahrheit
Selina Tieg
Als die Tür aufging und Frau Graff mit Herrn Habasch eintrat, war ich erst von seiner verhältnismäßig kleinen Körpergröße überrascht. Auf den zweiten Blick wurde mein Interesse geweckt durch die leise, verhaltene Art und Weise, sich und seine Texte vorzustellen, uns langsam in seine Welt einzuführen, sein für uns fremdes Land, sein Leben und seine Erfahrungen etwas näher zu bringen.
Die Zeit verging wie im Flug und man tauchte immer tiefer ein in seine Gedichte, die er uns auf deutsch, kurdisch, russisch und arabisch vortrug, wobei mich persönlich die Gedichte auf arabisch besonders berührten, da mich diese Sprache durch vergangene Urlaubsreisen schon länger fasziniert hat. Man merkte an der Weise, wie er seine Gedichte vortrug, dass er tief aus seinem Inneren zu sprechen schien, dass die Worte aus seiner Seele kamen. Diese Authentizität gab einem das Gefühl, dass er von echten Gefühlen, von der Wahrheit sprach, was mich beeindruckte.
Die Erinnerung an diesen Morgen gab mir den ganzen Tag durch ein gutes Gefühl, weshalb ich froh bin, dass wir die Gelegenheit hatten, diesen beeindruckenden Menschen kennen gelernt zu haben.
Ein überraschender Besuch
Kathrin Jasper
Es war Freitag, der 14.03.2003 kurz nach acht Uhr, als Hussein Habasch unseren Kursraum betrat. Man spürte direkt eine Herzlichkeit, die den Raum erfüllte. Auch, wenn ich zugeben muss, dass ich seine Gedichte nicht mit Leichtigkeit im Unterricht interpretierten konnte, war ich von diesen zwei Stunden ergriffen. Bei dem Vorlesen seiner Gedichte übermittelte er immer seine Gefühle und man konnte merken, wie viel jedes einzelne Gedichte für ihn bedeutet. Durch das Vortragen seiner Werke bemerkte man ebenfalls die Echtheit, welche in jedem von ihnen enthalten war. So wurden mir auch die Werke näher gebracht, die ich zu Beginn nicht ganz so gut verstanden habe. Aber auch durch das Lesen in kurdischer und in russischer Sprache übermittelte er seine Gefühle, obwohl ich keine dieser Sprachen mächtig bin.
Unser Kurs hatte dann noch die Möglichkeit einige Fragen zu stellen, die er alle beantwortete. Es kam oft vor, dass er sich an ein passendes Werk erinnerte und trug dies dann ebenfalls vor, was ich persönlich als etwas sehr schönes empfand, da er hierdurch verdeutlichte, inwieweit sich sein ganzer Lebensbereich auf seine Arbeit auswirkt.
Ich war von seinem Besuch wirklich positiv überrascht und bewegt. Außerdem bin ich froh, dass er uns seine Werke auf diese Art und Weise näher gebracht hat, da man so einen viel besseren Bezug zu diesen herstellen und seine persönliche Stimmung miterleben kann. Die Ausdruckskraft seiner Werke wurde hierdurch noch verstärkt.
Bei diesem Besuch kam alles anders
Sarah Schlüter
Wenn man hört, dass ein bekannter Schriftsteller zu Besuch kommt, kann es schnell passieren, dass man ihn auf seine Werke reduziert. In diesem bestimmten Fall kommt noch hinzu, dass es sich um Gedichte handelte. Wie langweilig, mag man denken. Doch bei diesem Besuch kam alles ganz anders als erwartet.
Zu Beginn trug uns Hussein Habasch einige seiner Werke vor. Auf Grund der Inbrunst, mit der er seinen Gedichten Leben einhauchte, wurden sie auf einmal fassbarer und verständlicher. Man konnte die Stimmung spüren, die die Worte ausdrücken, ebenso wie das, was sonst ungesagt zwischen den Zeilen bleibt. Dies wurde besonders deutlich, als Herr Habasch seine Gedichte in verschiedenen Sprachen wiedergab. Viele hatten auf Deutsch einen härteren Klang, der im Kurdischen oder Russischen weicher erschienen.
Doch uns ging es nicht nur um seine Werke, sondern auch um die Persönlichkeit, die sich dahinter verbirgt. Unsere Fragen beantwortete er mit erstaunlicher Offenheit und auch Weitläufigkeit. Diese Vielschichtigkeit der Antworten war sehr eindrucksvoll und dies nicht zuletzt auch durch Rezitationen von Gedichten, die zu seinen Antworten passten und indirekt eine tiefere Einsicht in sein Denken und Fühlen gewährten. So blieben am Ende Schriftsteller und Mensch eine Einheit, die keine von uns schnell wieder vergessen wird.
Ich jedenfalls war von dem Besuch Hussein Habasch durchweg begeistert und berührt.
Auf das Wesentliche zu achten
Derya Ates *
Mit dem Öffnen der Tür begann ein Vormittag, der uns für immer in Erinnerung bleiben sollte.
Es trat ein zurückhaltender Mann, mittleren Alters ein, auf den sich 32 neugierige Augen richteten.
Er begann uns seine Gedichte in einer Art Gesang vorzutragen. In diesen hat er seine tiefsten Gefühle, hinsichtlich seines Erlebten in der Vergangenheit aber auch in der Gegenwart festgehalten. Mit seinen zahlreichen Gedichten hat uns Hussein Habasch einen Einblick in sein Innerste ermöglicht, welches wir alle sehr zu schätzen wissen. Er hat uns seinen wundervollen Gedichten ein großes Stück an Wissen bereichert, und uns gelehrt, auf das Wesentliche im Leben zu achten und dieses zu würdigen.
* die einzige Ausländerin, Kurdin in der Klasse
Wertvoller Vormittag
Cathrin Clemens
Mit ein wenig Skepsis, aber auch sehr großer Neugierde sah ich dem Besuch von Hussein Habasch entgegen. Skepsis aus dem Grund, weil ich seine Gedichte im Rahmen des Unterrichtes nur sehr schwer verstehen und interpretierten konnte. Als ich dann Herrn Habasch hineinkommen sah, war ich doch sehr überrascht: Ich hatte ihn viel größer und kräftiger vorgestellt, und auch sein ansteckender freundlicher Gesichtausdruck überraschte mich positiv, denn ich hatte einen verbitterten und leidenden Gesichtausdruck erwartet.
Als er dann von seinem Leben zu erzählen begann, sah man wie der gesamte Kurs seinem Erzählen mit Spannung folgte. Nur als er zum ersten Mal eines seiner Gedichte vorlas, war ich ein wenig irritiert. Die fremden Sprachen (Kurdisch, Arabisch und Russisch), die ungewohnte Satzmelodie, ja fast schon Gesang, und diese wechselnde Lautstärke konnten über das Blatt Papier ja zuvor nicht vermittelt werden. Aber durch diesen emotionalen und kulturellen Einfluss wirkten diese Gedichte nun echt und lebendig, und sie waren für mich nun ein Stück mehr greifbar. Mit den unzähligen Fragen, die wir ihm dann stellten, baute sich ein fast schon vertrautes Verhältnis zwischen den beiden Seiten auf. Im Großen und Ganzen empfand ich seinen Besuch als sehr gelungen und eindrucksvoll.
Ich sehe diesen Vormittag als wertvolle Bereicherung und kostbare Erfahrung.
Offenheit
Yvonne Gotter
Bereits im Unterricht haben wir einige Gedichte von Hussein Habasch besprochen. Zwei davon waren sogar mögliches Thema unserer Abi-Vorklausur. Aus diesem Grund waren mir Habaschs Gedichte und seine Art zu schreiben bekannt. Dennoch ist es etwas vollständig anderes, wenn man den Dichter persönlich kennen lernen darf und er seine Gedichte selber vorträgt.
Zwar merkte man, dass die Muttersprache des Dichters nicht Deutsch ist, da die Satzmelodie härter klang, als man es normalerweise gewohnt ist. Doch besonders als er die Gedichte auf kurdisch rezitierte spürte man richtig welche Emotionen in diesen Gedichten stecken.
Für mich persönlich war es sehr interessant zu hören, wie die Gedichte in den verschiedenen Sprachen (kurdisch, russisch, arabisch) klangen, auch wenn ich kein Wort verstanden habe.
Beeindruckend fand ich, mit welcher Offenheit uns Habasch begegnete und wie bereitwillig er auch persönliche Fragen beantwortet hat.
Eine bewundernswerte Eigenschaft
Patrizia Kaminski
Hussein Habasch – ein Mann, der schon sehr viel in seinem Leben erreicht hat, jedoch auch schon sehr viel durchmachen musste.
Es muss sehr schwer für einen Menschen sein, kein Heimatland zu besitzen. Doch vermittelte er nie das Gefühl von Schwäche oder Angst, im Gegenteil, man bekam das Gefühl, dass er mit jedem Satz, den er sprach, sich den Fremden einen Schritt näher wagte und mutiger wurde, eine bewundernswerte Eigenschaft.
Hussein Habasch ist ein sehr phantasievoller Mann.
Er verbindet so viele Dinge miteinander und lässt sie in seinen Gedichten miteinander harmonieren.
Es macht Spaß seinen Gedichten zu zuhören und seine eigene Phantasie freien Lauf zu lassen. Er hat schon so viele Gedichte in seinem Leben geschrieben, aber vergessen hat er nicht ein Einziges!
Egal welche Frage man ihm stellte, meistens wusste er ein passendes Gedicht dazu. Was mich allerdings am Meisten fasziniert hat, waren die Gedichte auf Kurdisch oder Arabisch.
Es war wie Musik, die durch den Raum hallte und darauf wartete gehört zu werden. Ich verstand diese Sprache nicht, jedoch glaube ich manche Passagen doch im Inneren verstanden zu haben, da sie von Herzen kamen und nicht nur einfach gesprochen wurden.
Ich fand seinen Besuch sehr gut, und wünsche ihm auf seinem weiteren Weg alles Gute.
Hussein Habasch – ein sehr interessanter Mensch und ein hervorragender Dichter.
Ein unterhaltsamer Freitag Morgen
Jessica Klamke
Den Besuch von Herrn Habasch erwartete ich mit gespannter Neugier. Immerhin hatten wir seine Gedichte sowohl im Unterricht, als auch in einer Klausur analysieren können. Wie würde also der Verfasser dieser (zumindest so interpretiert) sehr emotionsreichen und vielleicht auch sehr persönlichen Gedichte sein?
Ich hatte zunächst die Vorstellung von einem sehr seriös wirkenden, ernsten Mann, wurde aber positiv enttäuscht.
Der erste Eindruck war, dass ich fürchtete Herr Habasch würde im nächsten Moment wieder aus der Klasse verschwinden. Ich kann mir allerdings auch gut vorstellen, was einer Klasse voller Kritiker bzw. geschulter Analytikerinnen für einen unbehaglichen Eindruck machen können.
Gott sei Dank setzte er sich also erst einmal hin und wir durften uns, ganz ohne Analyse an einer etlichen Anzahl seiner Gedichte auf mindestens zwei Sprachen erfreuen. Wann bekommt man schon mal Gedichte auf Arabisch und Russisch vorgetragen, auch wenn man kein Wort davon versteht?
Als nächstes kam unser Bombardement von erlesenen Fragen, die höchst gelassen beantwortet und wieder mit Gedichten ummantelt wurden. Ich glaube, wir hatten alle nicht wirklich die Vorstellung davon, wieviel Zeit sich Herr Habasch für uns nehmen würde, bzw. wie wichtig er vielleicht jede Frage nahm und wir präzise er sie beantwortete.
Im Großen und Ganzen würde ich sagen, war es ein sehr lehrreicher und unterhaltsamer Freitag Morgen. Es ist doch mal sehr angenehm auch den Dichter „live“ zu erleben und nicht nur die trockene Biographie zu lesen. Der Mensch selber vermittelt ja schließlich auch noch einen bestimmten Eindruck, der im Endeffekt wohl eher haften bleibt als ein Text. Ich jedenfalls kann sagen, dass ich mit Vergnügen einmal sagen werde Herrn Habasch kennen gelernt zu haben und mich an diesen Morgen bestimmt desöfteren erinnern werde.
Ein emotionaler Mensch
Carolin Breitbach
Obwohl Hussein Habasch anfangs reserviert wirkte, hinterließ er einen sympathischen Eindruck. Sobald er begann seine Gedichte vorzutragen, konnte ich feststellen, dass er ein sehr emotionaler Mensch ist. Man konnte fühlen, wie sehr ihn diese Gedichte berührten. Zugegebenermaßen war ich etwas irritiert als er diese auf Kurdisch vortrug, denn die Sprachmelodie wirkte dadurch im Gegensatz zu dem Inhalt sehr hart. Aber gerade dies machte ihn und seine Gedichte so faszinierend
Die Hoffnung
Stephanie Köbe
Am 14. März besuchte uns Hussein Habasch und stellte uns einige seiner Werke vor.
Ich hatte nun erstmals die Möglichkeit mit einem Dichter zu sprechen, ihm Fragen zu stellen und vor allem eins, inspiriert zu werden.
Durch seine Art zu sprechen, hat er auf mich eine unglaubliche Ruhe ausgestrahlt.
Sehr beeindruckend war für mich als er ein Gedicht erst auf Deutsch und dann auf Kurdisch, Arabisch oder Russisch vorgelesen hatte. Wie eine Melodie, ein Gebet. Ich konnte zwar kein Wort verstehen aber das war hier auch nicht wichtig, denn ich konnte die Stimmung spüren die das Gedicht vermitteln wollte. Auf Deutsch wirkten sie dagegen oft sehr kalt.
Einmal wären mir fast die Tränen gekommen, denn bei einem Gedicht beschreibt er die Jugend so wie ich sie selbst auch empfinde. Dieses Gedicht gab mir das Gefühl, ich bin nicht alleine, nicht alleine mit diesen Problemen. Und das gab mir die Hoffnung das auch ich, meinen richtigen Weg finden werde.
Dafür möchte ich mich bedanken.
Analyse „ Weinen der Küsse“ – „Halt still“
Von Yvonne Gotter
Das Gedicht „ Das Weinen der Küsse“ von Hussein Habasch thematisiert die Erfahrungen, die der kurdische Autor, der nun in Bonn im Exil lebt in seiner Heimat gemacht hat. Zudem kritisiert es die heutige Welt, in der er keine Heimat mehr hat. Weitere Themen sind Hass, Tod und Zerstörung.
Das Gedicht besteht aus drei Strophen mit jeweils vier Versen, die sich nicht reimen.
Der erste Vers des Gedichtes besteht nur aus dem Wort „Sinem“. Das ist kurdisch und bedeutet ins Deutsche übersetzt „weinen“. Dadurch, dass dieses Wort nicht übersetzt wurde, erfährt der Leser von der Herkunft des Dichters. Dieser hat mit diesem Wort dem Gedicht eine zweite Überschrift gegeben. Dies zeigt, dass weinen und Trauer wichtige Themen des Gedichtes sind. Durch das Ausrufungszeichen wird dies noch verstärkt. Vers zwei verdeutlicht, durch die Personifikation der Küsse, die weinen, den Verlust von Liebe und die Trauer darüber. Die Tatsache, dass die Liebe schon vor längerer Zeit verloren gegangen ist sein muss und dass es schwierig sein wird, sie wieder zu finden.
Erst in der zweiten Strophe wird deutlich, dass es sich nicht um ein Liebesgedicht handelt. Der Autor trauert nicht um eine gescheiterte Liebe zu einer Frau, sondern um sein Vaterland, welches er verlassen musste. Die ausgetrockneten Lippen verbindet man mit Durst. Sie könnten aber auch ein Zeichen für Dürre und Trostlosigkeit sein (Vers 5).
Durch die in Vers 6 gebrauchte Tautologie „ der Mund, der Münder“ verdeutlicht der Autor die Wichtigkeit dieses Mundes. Da gesagt wird, dass diese Münder „den Tod gebären“ könnten sie seine Heimat darstellen, in der Hass und Gewalt herrschen, aber auch die Länder kritisieren, in denen er Zuflucht sucht. Die Münder „können die Hefe der Liebe nicht hegen“ (Vers 8). Hefe braucht man zum Backen, durch sie wird der Teig lockerer und wächst nach einer Zeit beträchtlich. Da nun die Münder die „Hefe der Liebe nicht hegen“ können, kann die Liebe nicht wachsen und der Hass zwischen Kurden und Syrer kann weiter wachsen. Auf diesem Hintergrund kann man auch die weinenden Küsse, die sich in verstaubten Veranden verstecken anders interpretiert. Auf Veranden isst man im Sommer oder feiert mit Freunden oder Nachbarn.
Die Veranden sind aber verstaubt, folglich war dort lange Zeit niemand mehr. Dies könnte nur darauf hindeuten, dass der Autor nun im Exil lebt und nicht mehr in seine Heimat zurückkehren kann. Durch Alliteration „verstaubte Veranden“ (Vers 3) wird der Eindruck von Verlassenheit verstärkt.
Auch Strophe drei thematisiert Hass und Tod. Die in Vers 9 und 10 Neologismus „eisernen Münderlippen“ steht für diesen Hass. Lippen sind normalerweise weich, aber Lippen aus Eisen sind hart und kalt. Sie können keine Liebe erwidern. Durch den Neologismus „Schattentage“ wird Bedrohung und Tod beschrieben. In Verbindung mit dem Adjektiv giftig könnte man auch hier Hasse sehen (Vers 12).
Das Gedicht „Halt still“, ebenfalls von Hussein Habasch, thematisiert die Erfahrungen, die der Autor in Deutschland macht und ist eine Aufforderung an ebenfalls im Exil lebende Kurden sich nicht provozieren zu lassen. Das Gedicht besteht nur aus einer Strophe mit zwölf Versen, die sich ebenfalls nicht reimen. Dieses Gedicht ist einfacher zu verstehen als „Das Weinen der Küsse“ da es keine Personifikation oder Metaphern enthält. Habasch beschreibt hier Situationen, die jedem bekannt sind, denn vom Ausländerhass oder Fremdenfeindlichkeit hört man täglich. Die „mit hasserfüllte(n) Blick(e)“ (Vers 6) haben durch das Verb „gebranntmarkt“ (Vers 7) eine noch stärkere Wirkung. Verbrennungen schmerzen, genauso wie diese Blicke schmerzen müssen. Zudem bekommen Tiere Brandzeichen, damit ihr Besitzer sie erkennt. Durch dieses „gebranntmarkt“ werden, werden die Kurden deklassiert. Jeder sieht, dass sie fremd sind. Doch anstatt über diese Blicke in Wut zu geraten, rät der Dichter ruhig zu bleiben(Vers 8). Dieser Aufforderung wird durch ein Ausrufungszeichen unterstrichen. Weiterhin fordert er dazu auf, sich nicht provozieren zu lassen, sondern seine Umwelt „mit himmlischer Zärtlichkeit“ (Vers 9) und mit „engelsgleichen Blicken“ (Vers 10) schön zu machen, also seinen Mitmenschen Gelassenheit und Nächstenliebe entgegen zu bringen und ihren „Hasserfüllten Blick „ engelsreichen Blicke entgegen zu setzen. Dieses Gedicht hat Habasch Jahre später geschrieben als „Das Weinen der Küsse“. Sprechen aus diesem Gedicht noch tiefe Trauer, Tod und Hass (Strophe 3), so hat der Autor in „Halt Still“ eine Möglichkeit gefunden mit dem ihm entgegengebrachter Hass, umzugehen. Er hat erkannt, dass er selbst das Beste aus seiner Situation machen muss und gibt diese Erfahrung nun an Menschen in seiner Situation weiter (Vers 8-12).